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Hans-Peter Schäfer

Vom Iffzer Weierweg - wo der Entenköpfer fauchte – nach La Palma

 

Aufgewachsen bin ich im Iffzer Weierweg, zwischen den Bahngleisen der MEG, dem Rain zur Rennbahn hin und dem damals noch nicht asphaltierten Weierweg stand bzw. steht mein Elternhaus. Die Hausnummern wechselten im Laufe der Zeit, ich erinnere mich an die 3, 15 und 36. Meine Eltern Heinz (Gärtnermeister) und Ruth Schäfer sowie meine Brüder Wolfgang, Eckart und Dieter (meine Schwester Isabella wurde erst später, im Schwäbischen geboren) und ich wohnten im Haus unserer Großeltern mütterlicherseits, Friedrich und Josefine Schnepf.

Bis in die frühen 1960iger Jahre wurde unser Haus noch regelmäßig von dem noch unter Dampf fauchenden Entenköpfer der Mittelbadischen Eisenbahn Gesellschaft eingeräuchert. Wenn er sich durch pfeifen und fauchen bemerkbar machte, hieß es für unsere Mutter (Schulkameradin u.a. von Erwin Heitz, Hans Heitz (s. Iffzer ongerschswu), Ruth und Egon Fritz) schnell die weiße Bettwäsche abzuhängen, bevor sie mit Ruß überzogen wurde. Erst später wurde eine rote Diesellok eingesetzt, die zuletzt vornehmlich Kerosin in Tankwagen zum kanadischen Flugplatz nach Söllingen brachte.

Unsere Nachbarn waren u.a. die Familien Deschner, Heitz, Werner, Gress, Jung und Zimmermann. Mit Wolfgang Heitz, Harald Deschner und meinem Bruder Wolfgang war ich ständig auf Achse: Munilager, Schützehiesl, abgestellte Lokomotiven und Wagons auf der alten Bahntrasse zur Rieder Brücke und natürlich die Rennbahn waren regelmäßig zu inspizieren und boten jede Menge Gelegenheiten, dem Auge der Erwachsenen zu entschwinden. Meist waren wir dabei mit Pfeil und Bogen und einer Fasanenfeder im Stirnband ausgestattet. Mit Cowboys hatte ich offensichtlich schon damals wenig im Sinn.

Der mit geheimnisvollste aber am schwierigsten zu erreichende Ort war allerdings die Werkstatt meines Großvaters, des Malermeisters Friedrich Schnepf. Der Werkstatteingang lag im Blickfeld des Küchenfensters der Großmutter Josefine. Nur selten gab es da Gelegenheit unbemerkt die bunten Farbpigmente, Goldpuder, Salmiak- und Terpentingerüche in vollen Zügen zu genießen. Wenn es uns aber gelang heimlich in die Malerwerkstatt zu kommen, konnten wir nicht genug in Farbeimern, Dosen, Kisten und Schränken mit Schablonen und uns unbekannten Werkzeugen nach immer neuen Geheimnissen zu forschen.

Lehrlinge meines Großvaters waren u.a. Erwin Oesterle und Josef Huber, die 1961 bzw. 1966 als Malermeister eigene erfolgreiche Malerbetriebe gründeten. An einen anderen Lehrling kann ich mich aus gutem Grunde besonders erinnern. Wir nannten ihn Söllinger – erkam wohl aus Söllingen -, jedenfalls sollte er meinen Bruder Wolfgang und mich an einem verschneiten Winternachmittag auf dem Schlitten in den Kindergarten an der Rennbahnstraße bringen. Uns zwei Buben gelang es - wie auch immer - ihn zu überzeugen, statt in den Kindergarten zum Schlittenfahren zum Kapellenbuckel aufzubrechen, einen ganzen Nachmittag lang. Es war herrlich, hatten wir doch mit Söllinger jemanden der uns den Buckel auch wieder hoch zog! Aber am Abend wurden wir bereits erwartet ...

Häufiges Vergnügen an Sonntagnachmittagen war der Spaziergang zum Schützehiesl mit dem Großvater oder Vater. Großvater Friedrich, der 1927 und 1934 auch mal Schützenkönig war, bestellte sich ein gestauchtes Bier (gibt es das noch?) und wir Kinder bekamen eine Bluna und eine Waffel, die schon zu diesen Zeiten mit einer grell rotgefärbten Creme gefüllt war, - wir Kinder waren begeistert. Wenn es am Tisch der Erwachsenen für uns langweilig wurde, balancierten wir über das Stauwehr am nahen Sandbach oder gesammelten leere KK-Patronenhülsen immer mit der letztlich enttäuschten Hoffnung auch einmal eine noch scharfe Patrone zu finden.

Abendliches Ritual für uns Kinder war das Milchholen, direkt aus dem Kuhstall von Liesel und Richard Merkel (Alfred und Anita sind ihre Kinder). Sie lebten in einem uralten Häuschen in der Hauptstrasse direkt rechts neben der Volksschule.

Die schönste Zeit für uns Kinder waren die Sommerferien. Während die Schulkamerad(inn)en deren Eltern zuhause noch Landwirtschaft hatten mit den Fuhrwerken die Ernte einbrachten, durften wir Buben unserem Großvater beim jährlichen Malern der Rails auf der Rennbahn helfen. Als besonderes Privileg galt uns, den Großvater mit kaltem Tee zu versorgen, wenn er an heißen Renntagen im Dachgeschoss des alten Waagegebäudes die Schilder mit Jockeynamen beschriftete, die dann an verschiedenen Stellen des Rennplatzes, an stählernen weißen Aufzügen, die Namen der startenden Jockeys anzeigten. Monitore wie heute kannte man noch nicht, die meisten hatten nicht mal einen Fernseher.

U.a. mit Henriko Bastian, Joachim Fritz, Norbert Zoller und Emil Merkel -alle Jahrgang 1954- ging ich in die alte Schule in der Hauptstrasse, die damals noch Volksschule hieß. Im Keller der Schule gab es neben dem Werkraum ein öffentliches Bad, das den Iffzern, die damals noch kein eigenes Badezimmer hatten an Samstagen zur Verfügung stand.

Dem uns erteilten Unterricht kann ich allerdings auch mit großem Abstand wenig abgewinnen. Oft wurden wir Schüler damals noch von den Lehrern geschlagen, ein merkwürdiges Verständnis von Pädagogik war das schon. Es gab natürlich auch Lehrer, die wir mochten und achteten, wie z.B. den späteren Rektor A. Kassel. Vielleicht haben mich diese Erfahrungen später als jungen Mann zum Pädagogikstudium animiert.

1967 zog meine Familie aus beruflichen Gründen meines Vaters in die Nähe von Heilbronn, wo meine Mutter -inzwischen über achtzigjährig- bis heute lebt. Sie pflegt noch ihre Kontakte nach Iffze zu Lena Schmidt, Norbert Schneider und zu Wolfgang und Doris Leuchtner. Mein Vater verstarb mit 82 Jahren im November 2009.

Trotz des Wohnortwechsels blieb mein Kontakt nach Iffze eine ganze Weile erhalten, weil die Großeltern in Iffze blieben und nach ihrem Tod Edgar Leuchtner mit seiner Familie in unser Elternhaus im Weierweg einzog und sich eine Freundschaft zwischen unseren Familien entwickelt hatte. In den Ferien wohnten wir in dieser Zeit in der ehemaligen Malerwerkstatt meines Großvaters, die als Ferienwohnung ausgebaut war.

Mein Vater ist noch lange regelmäßig nach Iffze gekommen, wo er die Obstbäume auf unseren Acker am Ockterfeld pflegte und regen Kontakt mit seinem gärtnernden Nachbarn Norbert Schneider pflegte. Als Mitglied im Schützenverein war er natürlich auch immer wieder bei der Bewirtschaftung der Freilufthalle an Renntagen aktiv.

Nach der Volksschule machte ich im Schwäbischen zunächst eine Lehre zum Schriftsetzer, bevor es mich über Freiburg und Köln, 1977 zum Studieren nach Berlin zog. Berlin war zu dieser Zeit für viele junge Menschen fast ein Mekka: Multikulti, Hausbesetzungen, Demos, Wohngemeinschaften ... , jedenfalls nutzten wir viele Freiräume um uns auszuprobieren. Nach dem Studium der Sozialpädagogik, bereiste ich oft die Dritte Welt, u.a. Mexiko, Nicaragua, Ecuador, Brasilien und Chile und bekam so viele Eindrücke wie es ongerschswu zugeht. Beruflich war ich später in Russland, Ungarn, Polen, New York und Brüssel unterwegs. Dieses Frühjahr bereisten wir Neuseeland, also wie man unschwer erkennen kann, ist Reisen unsere große Leidenschaft.

1981 wurde mein Sohn Moritz geboren, er studierte in Berlin, Mainz und Madrid Biologie und Geografie und macht nun das Referendariat als Lehrer. Meine Tochter Flora Sophie, die Nachzüglerin, kam erst 2005 Welt auf die Welt. Flora Sophie, meine Frau Angela und ich leben seit einigen Jahren auf der westlichen Kanareninsel La Palma. Flora geht hier zur Vorschule und kommt dieses Jahr in die Grundschule. Sie spricht inzwischen Spanisch und natürlich Deutsch. Meine Frau organisiert unser Leben hier und ich arbeite als freier Unternehmens- und Organisationsberater.

Nach Iffze komme ich leider viel zu selten, das nächste mal wahrscheinlich zur Rennwoche im August. Aber zum Glück gibt es für die Iffzer ongerschswu iffze.de, so halten wir uns überall auf der Welt auf dem Laufenden.

Mit besten Grüßen an alle Iffzer, auch an die ongerschswu.

 

Hans-Peter Schäfer, schaefer.berlin@gmx.de

Los Llanos de Aridane, Juni 2011

 
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