Der Zehnt
“Es soll keiner mehr als denn neun Garben
uff einen Hauffen setzen, undt die Zehntgarbe soll so groß seyn wie
die anderen und kein Gras und Unkraut daryn seyn“ (42).
Soweit aus einer Zehntbestimmung des 16. Jahrhunderts.
Der Zehnt entwickelte sich aus einer
freiwilligen Abgabe der freien alemannischen Bauern des sechsten und siebten
Jahrhunderts. Diese wohlgemerkt freiwillige Abgabe an die Gemeinschaft
wurde vom (damals) gewählten Gaugrafen für gemeinschaftliche
Zwecke wie z.B. der Heeresausrüstung verwendet.
Mit und nach Karl dem Großem
setzte sich zur Wahrung der Wehrfähigkeit mehr und mehr die Erblichkeit
der Ämter durch. Die Krieger mußten Waffen und Bekleidung für
sechs, sowie Lebensmittel für drei Monate stellen. Die vielen Kriege
Karls des Großen ruinierten viele der kriegspflichtigen freien Bauern.
Um ihrer Kriegspflicht zu entgehen, unterstellten sie sich adligen Grundherren,
welche dafür deren Kriegspflicht und Schutz übernahmen. Gegen
Frondienst auf dem Herrenhof und Abgaben erhielt der Bauer -nun freier
Höriger seines Grundherren- seinen ehemaligen Besitz zur Bewirtschaftung
zurück (42).
Die Zehntforderung entstammt kirchlichen
Forderungen, welche ab dem achten Jahrhundert durch das staatliche Zehntgebot
unterstützt wurden. Sie beruft sich auf das dritte Buch Moses Kapitel
27 Vers 30 ff. (42).
Alle Zehnten im Lande,
vom Ertrag des Landes und
von den Früchten der Bäume,
gehören dem Herrn und
sollen dem Herrn heilig sein.
3. Mose 27,30
Und alle Zehnten von Rindern und
Schafen,
alles, was unter dem Hirtenstabe
hindurchgeht,
jedes zehnte davon soll heilig sein
dem Herrn.
3. Mose 27,32 (51)
In dem Bistum Straßburg war der
Zehnt gedrittelt in Klerus, Arme und Kirchenunterhalt. Der Zehnt stand
auch dem Grundherrn zu. Es wurde zwischen dem großen und kleinen
(Frucht-) Zehnt, dem Viehzehnt und dem Neubruchzehnt unterschieden.
Der große Zehnt umfaßte
ursprünglich all das, was unter den Mühlstein ging. Später
kamen noch Wein und Holz hinzu. Der kleine Fruchtzehnt bestand aus Gartenerzeugnissen
und Gemüse also Hack-, Baum- und Gartenfrüchten und Heu. Vieh,
Geflügel und tierische Produkte wie Eier, Käse, Honig, Butter
u.ä. fielen unter den Vieh- oder Blut- oder auch Fleischzehnt. Der
Neubruchzehnt mußte für neu umgebrochenes Land abgegeben werden
(16,
42).
Aus Eike von Repgows Sachsenspiegel
(1221-1224):
II 48 §5: Von jedem
Vieh gibt man den Zehnten
außer von Hühnern. Jeden
Hof und Hofstelle
und besonderes Haus verzehnet man
mit einem
Huhn an St. Martinstag.
II 48 §6: Wo man rechten Zehnten
auf dem Felde
gibt, da soll man geben das zehnte
Schock,
gleich gut den anderen, oder die
zehnte Garbe.(42)
Diskussionsbedarf entstand mit dem Anbau
neuer Kulturpflanzen wie Hanf, Krapp oder der Kartoffel aus Amerika. Sollte
die Grundbirne dem großen oder kleinen Zehnt zugerechnet werden?
Sie wurde ja sowohl auf dem Acker als auch im heimischen Garten angebaut.
Welschkorn war zum Teil sogar zehntfrei.
Hanf und Flachs zählten gewöhnlich
zum kleinen Zehnt, Klee, Rüben und Raps zum großen Zehnt.
Die Zehntherren bestimmten Kontrolleure
(Zehntknecht, Zehnter), welche die Zehntfrüchte auf den Feldern
einsammelten und in die Zehntscheuer fuhren. Kein Bauer durfte aufladen,
bevor die Zehntknechte ausgezählt hatten(42). |