Die Besatzungszeit

Von den französischen Truppen wurde am Fahreck eine Pontonbrücke amerikanischer Bauart (Pont Bailay) erstellt. Diese Art Brücke besaß keinen durchgängigen Fahrbahnbelag, sondern Halbschalen als Fahrrinnen, welche jedoch auch dem Gewicht von Kampfpanzern standhielten. Über diese Brücke rückte wohl die gesamte französische erste Armee in die französische Besatzungszone ein. Selbst General De Gaulle benutzte diese Brücke zu einem Kurzbesuch der französischen Truppen in Ettlingen.
Iffezheim wurde von marokkanischen Spahi besetzt. Diese aus den Tiefen des Atlasgebirges rekrutierten Soldaten waren zum Teil kaum des Französischen mächtig und unterstanden dem Kommando französischer Offiziere. Ihren Aberglauben machten sich einige Iffezheimer Burschen zu Nutze, wovon an anderer Stelle zu berichten sein wird. Einige der Soldaten beherrschten nach ein bis zwei Jahren den Iffezheimer Dialekt perfekt.
An der Ecke Schillerstraße/Mittelweg wurde von der Besatzungsmacht in dem gemeindeeigenen Haus, welches ursprünglich Lehrerwohnungen enthielt, ein Bordell für die marokkanischen Soldaten der Region eingerichtet. Dieses war schwer bewacht und von Stacheldraht umzäunt. Sonntags wurden die Soldaten aus den umliegenden Orten herangefahren und standen Schlange auf der Straße, bis sie an der Reihe waren. Die Iffezheimer waren recht glücklich über diese Einrichtung, nahm sie doch den Druck von der weiblichen Bevölkerung, der diese andernorts ausgesetzt war. 
Am ersten Fastensonntag des Jahres 1946 kam es dann zu einer Begebenheit, welche das bisher gute Verhältnis zwischen Iffezheimern und Besatzern schlagartig veränderte. Einige Soldaten waren bei der Bäckerei Kronimus (“Musse Begg“) eingebrochen. Sie wurden von Iffezheimer Burschen verfolgt, welche einen fassen konnten. Dieser wurde verprügelt und ihm der Turban vom Kopf gerissen, was anscheinend eine schwere Beleidigung darstellt. Anderntags konnte sich kein Iffezheimer mehr auf der Straße blicken lassen, ohne von den marokkanischen Soldaten verprügelt zu werden. Selbst den französischen Offizieren gelang es nicht, die Mannschaften in den Griff zu bekommen. Erst ein eigens dazu eingeflogener hoher Geistlicher oder Stammesfürst konnte die Gemüter wieder einigermaßen beruhigen, aber das Verhälnis zwischen Besatzern und Besetzten blieb gestört (28).
Die Zeit zwischen dem Krieg und dem mit der Währungsreform beginnenden Wirtschaftswunder bleibt vielen als „d'schlächte Zidd“ (die schlechte Zeit) in Erinnerung. Besonders hart traf es die, welche keine eigene Landwirtschaft hatten. Oft wußten die Mütter nicht, was sie den von der Schule heimkehrenden Kindern mittags auf den Tisch stellen sollten. Unter Tränen mußte dann wieder ein Betttuch, eine Tischdecke gegen etwas Eßbares eingetauscht werden. Schlimm war es, wenn einem selbst die eigene Verwandschaft nicht das Nötigste gönnte: Eine bei den Landwirtschaft treibenden Großeltern lebende Tante kennzeichnete das selbstgebackene Brot, wenn die Enkel, also ihre Nichten und Neffen, zu Besuch kamen, so daß die Großmutter aus Angst vor ihrer Tochter es nicht wagte, den Kindern ein Stück Brot zuzustecken.
Jedes Fitzelchen Mist wurde in den Gärten ausgebracht, damit das bißchen, das man anpflanzen konnte, auch einigermaßen gedieh. Bei den Familien, die kein eigenes Vieh besaßen, gab es das "Roßbollekärchle", einen kleiner Leiterwagen. Mit diesem mußten die Kinder durch den Ort ziehen, um auf den Straßen und Wegen Kuhfladen und Pferdeäpfel zu sammeln. Da der Grundsatz "Wer zuerst kommt, malt zuerst" galt, trafen die Nachzügler oft auf leergesammelte Straßen. Um wenigsten ein bißchen etwas mit nach Hause zu bringen, liefen die Kinder dann hinter den Fuhrwerken her und warteten bis die Zugtiere etwas fallen ließen.
Um der Jugend die Vorzüge der Demokratie und vor allem des Kapitalismus zu zeigen, wurde aus Mitteln des Marshall-Planes die Schulspeisung finanziert. Für 10 Pfennige erhielten die Schüler von 1948-1950 ein Mittagessen aus den Töpfen von Karoline Brenner und Mathilde Schneider. Aus den großen Kesseln gab es z.B. Bohnen mit Fleischbrocken und samstags das Lieblingsessen: Kakao mit Brötchen und einem Täfelchen Suchard-Schokolade. Bei vielen unbeliebt war der Grießbrei mit Rosinen, welcher als ekelerregend süß und klebrig (bebbig) empfunden wurde. Viel landete von ihm in den Ecken des Schulhofes.
Zur Beschaffung von Lehrmitteln wie Schrifttafeln, Landkarten und Mikroskop wurden anstatt Hausaufgaben Sammlungen durchgeführt. Gesammelt wurden Rohstoffe zur Herstellung von Arzneien und Tees wie Brombeer- und Himbeerblätter, Taubnesselblüten oder Mohnkapseln (Mahsume oder Magsaat). Bis zur Abholung lagerte das Sammelgut auf dem Schulspeicher.(16)
1948 wurde der erste demokratisch legitimierte Gemeinderat nach dem Kriege gewählt. Er bestand aus Albert Büchel, Josef Feßler, Alfons Jakob, Anton Jakob, Albert Merkel, Johannes Merkel, Richard Peter und Bürgermeister Franz Xaver Huber(16).
Euer Kommentar an Matthias
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