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03. Januar 2012

 

 

Musikunterricht zehrt an den Nerven

 

„Musik wird oft nicht schön gefunden, Weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ diesen Reim von Wilhelm Busch unterschreiben die Nachbarn der Grundschule Iffezheim dick und fett. Insbesondere die Schlagzeugproben der „allegro Musikschule“ zehren an den Nerven der Anwohner.

Für die Proben hat die allegro Musikschule den ehemaligen, zur Hauptstraße zeigenden Konferenzraum im Obergeschoß des neuen Grundschulanbau gemietet. Wöchentlich bis zu 27 Probestunden zählte die gegenüber der Schule wohnende Familie Frank. Die Proben des Musikvereins hätten ihnen, auch wenn sie zahlreicher geworden wären, nie etwas ausgemacht, zumal diese nur vereinzelt angesetzt seien. Oft hätten die Fehler während des Übens für reichlich Heiterkeit im Hause Frank gesorgt, berichteten Mutter und Söhne. Die seit einigen Monaten bestehende Beschallung durch den Unterricht der allegro Musikschule vom frühen Nachmittag bis teilweise 21 Uhr sei jedoch unerträglich. Teilweise sei sogar am Sonntag geprobt worden. Mit dem Musikverein seien sie sich auch immer über das Schließen der Fenster einig geworden, so Maria Frank, während Lehrer der Musikschule schon mal „pampig“ werden konnten. Seit dem Ehrungsabend der Gemeinde Mitte Dezember, auf dem die Betroffenen Bürgermeister Peter Werler auf den Lärm aufmerksam gemacht hätten, herrsche zumindest sonntags Ruhe.

Man könne in Hof oder Garten nichts arbeiten, ohne beschallt zu werden, schilderte Pia Zoller, Nachbarin der Familie Frank. Immer öfter müsse sie ins Haus flüchten. Sie sei mittlerweile ein nervliches Wrack und werde bereits nervös, sobald das Licht in dem Proberaum im Obergeschoß des Neubaues angehe. Selbst durch ihre geschlossenen Fenster höre sie die Trommeln, die mit etwa zwanzig Wochenstunden achtzig Prozent des Übungsumfanges ausmachten. Sie könne ihr zur Hauptstraße gelegenes Wohnzimmer kaum mehr nutzen. Sie selbst höre im Haus keine (Radio-) Musik mehr, so sehr sei ihr der Musikgenuß mittlerweile verleidet.

Eine Übungsstunde am Tag ließe sich noch ertragen, so Pia Zoller, die permanente Beschallung über Stunden koste sie jedoch „unmöglich viele Nerven“. Sie habe gehofft, daß sich ihr Nervenkostüm über die Sommerferien erhole, aber dieses zusätzliche Programm zum Schulbetrieb mache den Anwohnern zu schaffen. Ihre Lebensqualität sei deutlich gesunken, seit die Gemeinde den Konferenzraum im Grundschulneubau an die allegro Musikschule vermietet habe. Der störende Musikunterricht bemächtige sich vieler ihrer Gedanken.

Ihre Not hätten die Anwohner zum Vierten Advent in einem gemeinsamen Brief Bürgermeister Peter Werler und den Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat geschildert. Sie frage sich, warum Musikunterricht nicht generell in den dem freien Feld zugewandten Klassenzimmern der Haupt- und Realschule stattfinde.

Die Probleme an der Grundschule kulminieren bei den Familien Reuss und Herr, die direkt neben dem Grundschulneubau wohnen. Zu dem gerade noch erträglichen Musikverein, würden sie über den allegro Musikunterricht hinaus, seit Baufertigstellung zusätzlich durch die verschiedenen Tanzgruppen des Turnvereins beschallt, wenn die Turner wieder einmal vergäßen, die zu ihrem Grundstück gelegenen Fenster des Turnschopfes zu schließen, schilderte Leonie Herr ihre Situation. Ein Arbeiten im Garten sei bei dieser permanenten Beschallung ebenso wenig möglich, wie das entspannte Sitzen im Wintergarten bei offener Tür. Ein Rückzug ins Haus bringe auch nicht immer Linderung, denn vor dem Haus herrsche reger Hol- und Bringverkehr der Eltern der Grundschüler und Jungturner. Zum Schutz gegen das Geplauder und Türenschlagen habe sie ihrer im Erdgeschoß wohnenden Mutter bereits Schallschutzfenster einbauen lassen. „Ich bin eine alte Frau, ich weiß gar nicht mehr, wohin ich flüchten soll!“ machte Mutter Antonie Reuss ihrer Verzweiflung Luft.

Das rücksichtslose Parken nehme täglich dramatische Formen an, berichtete Leonie Herr weiter. Zu Schulbeginn oder -ende sei an ein Verlassen des Grundstückes nicht zu denken. Selbst ihr Hof sei schon als Parkplatz genutzt worden. Von den falsch parkenden Eltern ernte sie dann noch dumme Kommentare. Ihre Frage, wie sie ihre Einfahrt und die eineinhalb zu ihrem Grundstück gehörenden Meter Gehweg von parkenden Autos freihalten könne, stoße im Rathaus auf taube Ohren, sagte Leonie Herr. Vom Rathaus werde sie an die Polizei und von dort zurück an das Rathaus verwiesen.

Bürgermeister Peter Werler wurde von der Klage wegen des Unterrichtslärm durch die Musikschule, ein Aushängeschild der Gemeinde, überrascht, wie er erzählte. Das Schreiben fand er ohne viel Substanz. Er zeigte sich sicher, daß keine Überschreitung der durch das Bundesimmisionsschutzgesetz vorgegebenen Grenzwerte für ein Mischgebiet vorliege. Er müsse sich jedoch zunächst selbst ein Bild machen. Er nehme die Sache ernst, so Werler, sehe aber keine unüberbrückbare Situation, welche keiner allgemein verträglichen Lösung zwischen Gewerbetreibendem und Anwohnern zugeführt werden könne.

Etwas verwundert zeigte sich Andreas Merkel, Inhaber der allegro Musikschule, daß die Proben seiner Musikschule in der Grundschule zu einem Politikum aufgebauscht würden. Er sei vor Ort gewesen und für ihn seien die Trommeln unhörbar, was durch sein Dezibelmeßgerät bestätigt worden sei. Er habe als Gewerbetreibender die Räume angemietet. Wer meine, er verstoße gegen geltendes Recht, müsse die Polizei einschalten. Mehr sage er dazu nicht. Im übrigen sollten sich die Anwohner erkundigen, was erlaubt sei: 45 Dezibel zu jeder Tag- und Nachtzeit.

 

 
Euer Kommentar an Matthias  
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