Ein Ära geht zu Ende
Nach fast einhundert Jahren
schließt die katholische öffentliche Bücherei in Iffezheim
im April kommenden Jahres ihre Pforten. Die Bibliothek
neben der dann öffnenden Gemeindebibliothek zu betreiben,
halten die Verantwortlichen für die Bibliothek und der
katholische Pfarrgemeinderat nicht für sinnvoll.
Luzia
Stabenau, Sybilla Götz und Martina Heberling bei ihrer
letzten Buchaustellung
Es ist so eine Sache mit der ersten
urkundlichen Erwähnung. Sicher ist, daß es den betreffenden
Ort ab diesen Zeitpunkt gegeben hat, aber ob es ihn
nicht bereits früher gegeben hat, weiß niemand. Ähnlich
ergeht es der katholischen öffentlichen Bücherei Iffezheim.
Wann genau sie ins Leben gerufen wurde, liegt im Dunkeln.
Verbürgt ist lediglich ihr erster Buchbezug bei der
Zentralstelle des Borromäusvereines in Bonn im Jahre
1914, berichtet die Heimatforscherin Antonie Jakob in
ihrer Chronik anläßlich des 75-jährigen Bestehens der
Bibliothek im Jahre 1989.
Bis zum zweiten Weltkrieg, so
ist ihren Aufzeichnungen zu entnehmen, wurde die
Bibliothek von Lehrerinnen der Iffezheimer Volksschule,
unterstützt durch Frauen aus dem Ort, betrieben. Ab
den ersten Kriegsjahren übernahmen die Ordensschwestern
aus der örtlichen Sozialstation die Leitung der
Büchersammlung. Iffezheim war zu dieser Zeit noch sehr
stark landwirtschaftlich geprägt, weshalb die Ausleihe
nur während der Wintermonate nach dem sonntäglichen
Kirchgang stattfand.
1962 schloß die Bibliothek zum
ersten Mal. Die Kaplanei im Pfarrgarten, ihr bisheriges
Domizil, wurde abgerissen. An ihrer Stelle wurde unter
Pfarrer Heintzmann das jetzige Kolpinghaus errichtet.
Im Obergeschoß des für damalige Verhältnisse großzügigen
Gebäudes fand die Leihbücherei ab November 1964 ein
neues Zuhause. Die neue Bibliotheksleiterin Hilda Schäfer
aus Iffezheim stemmte den Neuanfang mit einem Bestand
von 800 Büchern. Ausleihtag wurde und blieb bis heute
der Mittwochnachmittag außerhalb der Schulferien. Zur
Wiedereröffnung wurden 55 Bände ausgeliehen, eine Zahl,
die sich in den Folgejahren auf bis zu 400 Medien pro
Woche steigerte.
Zehn Jahre später platzte das
Obergeschoß aus allen Nähten und die Bibliothek zog
1974 an ihren heutigen Standort in das unter Pfarrer
Walfried Asal umgestaltete Erdgeschoß.
Bereits 1989 beklagte die damalige
Leiterin und Chronistin der Bibliothek, Antonie Jakob,
eine mit dem veränderten Freizeitverhalten begründeten
Rückgang von fast 13 000 Ausleihen im Jahre 1973 auf
etwa 5 000 Ausleihen im Jahre 1988.
Heute beträgt der Bestand der
von Sybilla Götz, Luzia Stabenau und Martina Heberling
geführten Bibliothek 5 578 Medien. Die neue
Gemeindebibliothek werde einen weitaus größeren Bestand
und häufigere Öffnungszeiten bieten, so das Bibliotheksteam
und der Pfarrgemeinderat in einem Informationsschreiben
anläßlich der letzten Buchaustellung am Wochenende.
Einen sinnvollen Parallelbetrieb zweier Bibliotheken
am Ort sei nicht gegeben. Daher werde die Vorzeigebibliothek
des Dekanats schweren Herzens zum April 2011 endgültig
schließen.
Letztmalig hatten die Iffezheimerinnnen
und Iffezheimer am Wochenende Gelegenheit, über die
katholische Bibliothek Gesangbücher, Kerzen und Rosenkränze
für die kommende Erstkommunion und aus der gezeigten
reichhaltigen Auswahl an Kinder-, Jugend- und Sachbücher
sowie Spielen und Belletristik zu bestellen. Ein nächstes
Mal wird es nicht mehr geben.
Den Bücherbestand biete der Borromäusverein
neben den Kindergärten der Gemeinde und den Schulen
an, damit diese ihr Bibliotheken ergänzen könnten, denn
schließlich habe die Gemeinde in den vergangenen Jahren
die Bücherei immer finanziell unterstützt, so Sybilla
Götz. Sollte sich der Ausbau des Rathausanbaues verzögern,
hält Frau Götz einen Trost für alle Leseratten
bereit: „Wir haben so lange offen, bis die Gemeindebibliothek
in Betrieb geht.“
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