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25. Oktober 2010

 

 

Kein Chance für den ÖPNV

 

Vor zweieinhalb Jahren sei das Projekt Schienenanbindung des Baden-Airparks nach gut 15 Jahren Stillstandes wieder aufgelebt, führte der Leiter der Planungsabteilung der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft, der promovierte Ingenieur Reinhard Bickelhaupt, in das Thema ein. Nach der langen Pause habe die Planung aktualisiert werden müssen, insbesondere die bundesweit einheitliche „Standardisierte Bewertung“. Deren Berechnungsmodus habe sich grundsätzlich geändert. Bickelhaupt hob die Bedeutung der Bewertung hervor, da sie allein entscheide, ob ein Projekt gefördert werde oder nicht. Überwiege der volkswirtschaftliche Nutzen, seien Zuschüsse zwischen 75 und 85 Prozent möglich.

Der volkswirtschaftliche Nutzen der Investition ermesse sich aus einer Verringerung der Fahrzeit, der Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, aber auch in der Verminderung von Schadstoffausstoß, Verschleiß und Kraftstoffverbrauch durch die Verkehrsverlagerung auf die Schiene. Durch die Aufwertung von Langstreckenfahrten gegenüber Pendlern seien die beiden bisher als volkswirtschaftlich sinnvoll eingestuften Streckenvarianten mit den Ortsdurchfahrten Hügelsheim und Iffezheim, ob mit (Kosten 120 Millionen Euro) oder ohne Anbindung (71 Millionen Euro) der Rastatter Innenstadt, im Nutzen zurückgefallen und nicht mehr förderfähig.

Ganz im Gegensatz zu der erst im letzten Jahr seitens der Stadt Baden-Baden ins Spiel gebrachten Variante (46 Millionen Euro) einer direkten Anbindung an den Ooser Bahnhof. Da weniger als ein Viertel der Fluggäste und Beschäftigten aus der Schiene Rastatt-Karlsruhe stammten, sei für den Regionalbahn- und ICE-Halt Baden-Baden ein weitaus höheres Fluggastaufkommen prognostiziert als für Rastatt. Diese brächten ein Vielfaches an Gewicht in die Waagschale, als die zahlreichen Pendler auf der Rastatter Strecke, erklärte Bickelhaupt den Vorsprung der Badner Variante.

Noch steht in den Sternen, wann wieder Züge über die frei gehaltene alte Trasse der Mittelbadischen Eisenbahn fahren

Als absehbar wurde, daß die beiden ursprünglichen Varianten an der neuen Rechenmethodik scheitern würden, sei eine weitere Rastatter Variante geboren worden, die vom Bahnhof aus entlang der B36 mit Halten in der Rastatter Siedlung, bei Iffezheim und Hügelsheim zum Terminal führt. Da die teuren Ortsdurchfahrten eingespart und mit der verringerten Fahrzeit ein Zunahme der Fluggäste vorausgesagt wurde, sei auch diese 45 Millionen Euro teure Strecke als förderfähig ermittelt worden.

Für die Badener Variante seien 440 zusätzliche Fluggäste und ein Gesamtaufkommen von täglich 1 600 S-Bahn-Nutzern errechnet worden, die dritte Rastatter Variante komme auf 620 zusätzliche Passagiere und 1 500 tägliche Fahrgäste in der Summe. Entgegen der beiden nicht förderfähigen Varianten erreichten die beiden zuletzt Vorgestellten  die Marge von 2 000 Passagieren am Tag, ab denen eine Verbindung als „Schienen würdig“ gelte, nicht, ließ Bickelhaupt den Ballon platzen. Ob sie realisiert würden, hänge auch von der in den nächsten vier Monaten zu erstellenden betriebswirtschaftlichen Untersuchung ab, in welcher die Betriebskosten den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf gegenübergestellt würden. Letztendlich entschieden jedoch der Landkreis und die Kommunen, ob sie die verbleibenden  zwölf Millionen Euro Investitions-- und die Folgekosten tragen wollten, erläuterte Bickelhaupt auf Nachfrage von Berthold Leuchtner (CDU). Der von Harald Schäfer (SPD) eingebrachten Idee, durch Güterverkehr weitere Nutzungsentgelte für die Strecke zu generieren, erteilte Bickelhaupt eine Absage, denn die Förderung von Bund und Land sei allein auf den Personenverkehr beschränkt.

Einigermaßen enttäuscht reagierten die Räte auf das Ergebnis der vorgestellten Bewertung. Hans-Jörg Oesterle (CDU) konnte nicht nachvollziehen, daß Berufspendler, Schüler und Studenten so wenig Berücksichtigung fanden. Hubert Schneider (CDU) kritisierte, daß der alte Grundsatz „die Bahn müsse zu den Menschen“ nicht mehr gelte und der Nahverkehr zu wenig berücksichtigt werde. Bickelhaupt versicherte, daß dieser Grundsatz für die KVV weiterhin gelte und er nicht nur zum Baden Airpark fahren sondern auch die Menschen von unterwegs mitnehmen wolle. Seiner Ansicht nach spiegle die standardisierte Bewertung die Realität nicht wieder. Nach Meinung von Karl-Heinz Schäfer (SPD) seien die vom baden-württembergischen  Verkehrsministerium  vorgegebenen Passagierzahlen von 2,5 Millionen in 2025 viel zu hoch angesetzt, weshalb das Pendel nach Baden-Baden ausgeschlagen habe. Ins gleiche Horn blies sein Fraktionskollege Jürgen Heitz, der den Verantwortlichen unterstellte, das Ergebnis nach politischem Willen schön gerechnet zu haben. Eindringlich beschwor der Ingenieur auf Rückfrage von Meingold Merkel (CDU) die Räte, die alte Trasse der Mittelbadischen Eisenbahn weiterhin offen zu halten, denn so wie die Neuerungen von 2006 an der „Standardisierten Bewertung“ die bisher favorisierten Streckenvarianten aus dem Rennen geworfen habe, könne morgen eine geänderte Version der Bewertung wiederum ganz andere Ergebnisse zeitigen. Mit dem Versprechen, dem Rat über den weiteren Fortgang auf dem Laufenden zu halten, schloß Werler den Tagesordnungspunkt und ging zu Verschiedenes über.

Berhold Leuchtner forderte die Verwaltung auf, zügig eine Geschwindigkeitsmessanlage anzuschaffen, da die Klagen aus dem Weierweg über Raser in der verkehrsberuhigten Zone ständig zunähmen. Die Verwaltung sei sich über das Modell noch nicht ganz schlüssig, entgegnete Werler, werde sich aber wohl für ein Modell entscheiden, daß per lachendem oder traurigem Gesicht  dem Fahrer dessen Fahrweise signalisiere. Hans-Jörg Oesterle schlug vor, das Gerät mit einem Speicher für die Messungen zu ergänzen, um erkennen zu können, ob die Tafel auf Dauer zu niedrigeren Geschwindigkeiten führe.

Manfred Weber (FWG) regte an, im Gemeindeanzeiger dazu aufzurufen, Bäume und Sträucher, welche in die Gehwege wüchsen, zurück zu schneiden. Des weiteren sei von Anwohnern des Wasserwerks im Mittelweg kritisiert worden, daß die dortigen  Birken zu alt und zu groß geworden seien. Peter Werler versicherte, daß die Bäume auf ihre Standsicherheit geprüft würden. Meingold Merkel (CDU) erkundigte sich nach dem Stand der Ergänzung der Schülerbeförderung ins Ried, welche vor Kurzem bereits Thema im Rat gewesen sei. Peter Werler entgegnete, daß derzeit die Kosten ermittelt würden, es jedoch nicht Sache der Gemeinde sei, die Schülerbeförderung zu finanzieren. Dies sei Aufgabe des Landkreises, mit dem er die Angelegenheit schon seit längerem kontrovers diskutiere.

 
Euer Kommentar an Matthias  
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