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12. Mai 2007

 
 

Drunne vun da Bohn

Endlich hat sich der Club von seinem statischen Rennfieberbild verabschiedet, das so vollkommen emotionslos daherkam und bei dem man an jedem neuen Renntag darauf wartete, daß sich die Satteldeckennummer endlich der des Renntages annähert. Endlich ein Bild, bei dem versucht wird, das gewisse Etwas des Galoppsportes einzufangen und an den Mann zu bringen. Beim Werbefeldzug für das Frühjahrsmeeting kommen die Emotionen des Bildes aber gleich wieder ins Stocken. Statt wie eines Premiumereignisses würdig auf repräsentativen Werbflächen präsent zu sein, zieht der Club das wilde Plakatieren vor, so als ob der Bürgerverein „Krumme Schnabeltasse“ für sein Heckenfest würbe. Sicher billiger als die Jahre vorher, aber billig eben.

Mit der gleichen Unprofessionalität zog man vierzehn Tage vor dem Rennen ein Werbebanner am Badwegkreuz hoch, das Harry Hirsch am Steuer seines Kleinwagen trotz verrenktem Hals und Beulen an der Schädeldecke nicht hätte entdecken können und allenfalls aus dem Führerstand von Gunter Gabriels Dreißig-Tonner-Diesel zu erspähen war. Nach eingehender Prüfung durch Bürgermeister und Ortsbaumeister wurde das Banner Tags darauf höher und straffer gezogen.

Äußerst beeindruckend muß wohl Sonja's erster Rennbahnbesuch letztes Jahr verlaufen sein, so daß sie am Samstag ihre beiden Freundinnen Kim und Sophia mit nach Iffezheim nahm.

Da sie in punkto Hutmode nicht hintan stehen wollten, kreierten die drei Pforzheimerinnen ihre eigenen Modelle: mal nordseefrischer Leuchtturm, mal Pforzheimer Landleben, mal bunte Blumenwiese.

Obwohl der Totogott sie nicht gerade in sein Herz geschlossen hatte, wurden sie vom Rennfieber infiziert und werden der Iffezheimer Rennbahn treu bleiben.

Vermutlich in der Hoffnung, der Werbung im Sudwestfunk den Rang ablaufen zu können, ödet der Club penetrant die wettwillig vom Führring zurückströmende Kundschaft mit Eigenwerbung an, in die sich selten genug ein Fremdanbieter verirrt, anstatt den Kunden mit den notwendigen Informationen zu versorgen.

Wie liebreizend klang es vor gar nicht allzu langer Zeit aus der Lichtentaler Allee? Jeder Besucher ist ein VIP! Aber ziemt es sich, einem VIP bröckelnde sanitäre Anlagen vorzusetzen, oder will der Club damit nur offen zur Schau stellen, wie niedrig der Wasserstand in der Kasse ist?

gesehen um 14:55 MESZ unter der Sattelplatztribühne

In Iffezheim galt zu Rennzeiten schon immer eine besondere Zeitrechnung nach der die Uhren etwas anders gingen. Jedoch wurde die Zeit gewöhnlich nur in "vor" und "nach" dem Rennen eingeteilt. Davon, daß die Uhren um drei Stunden zurückgestellt, oder die Zeit gar stehen geblieben ist, war bisher nie die Rede.

Endlich, endlich hat sich mal etwas getan und man ist baß erstaunt, was so ein paar Eimer Farbe anrichten können. Gerade zu geblendet muß man die Augen abwenden, um nicht einer dauerhaften Netzhautschädigung anheim zu fallen. Selbst die unsäglich zusammengezimmerten Dreiecksabstelltischchen passen sich jetzt harmonisch ein, ohne jedoch dabei an Ergonomie zu gewinnen.

Seit ein paar Wochen haben wir es auch endlich schriftlich, wie das kontinentale Mutterland des Galoppsports die Rennen in Iffezheim einschätzt: provinziell.

Le défi du galop wurde 2006 ins Leben gerufen, um die Rennen der französischen Provinz in der Wahrnehmung der Trainer, Besitzer und Wetter gegenüber den Rennen der Galoppzentrale Paris zu heben.  Und hierzulande ist man dann stolz darauf, zur französischen Provinz gezählt zu werden und schlägt Pfauenräder und ziert sich wie ein Pfingstochse mit dem Titel „Le Défi du Galop Européenne“ , der korrekterweise „Le Défi du Galop Européen“ lautet.

Aber so ist es halt in der ostfranzösischen Provinz.


"1000 Zuschauer mehr als im Vorjahr" bejubelt sich der Club am Ende des Auftakttages des Frühjahrsmeeting 2007 (8500 anstatt 7500), dabei fest die Augen vor der Realität verschließend.

Fakt  ist, daß die Iffezheimer Bahn eine ausgesprochene Schönwetterbahn ist, auf der Otto Normal ungeschützt den Unbillen der Witterung ausgesetzt ist. Wenn nun, wie im vergangenen Jahr, Petrus zürnt und Sturm und Regen über die Lande schickt, bleibt jener, der noch einigermaßen trockenes Tuch am Leibe tragen will, daheim hinterm Ofen. Ein trockenes Plätzechen gibt es für ihn auf der Bahn nicht.

Im Übrigen waren 2005 am Eröffnungstag 9 500 Besucher auf der Bahn, 1000 mehr als diese Jahr.

Da hat er wohl vor Freude lauthals gewiehert, der Amtsschimmel des gleichnamigen Stalles, den sieben Bürgermeister aus der Region, Abgeordnete aus Bund und Land, sowie Personen aus der Wirtschaft bilden. Auf den Punkt fit gemacht von Trainer Werber Hefter steuerte der dreijährige Hengst Auenruf im zweiten Rennen des zweiten Tages ungefährdet seinem ersten Sieg und dazu noch auf der Heimatbahn entgegen. Da darf man mal gespannt sein, wie morgen schwere Köpfe über Schreibtischplatten schweben. Zentner schwere Lasten seien ihm vom Herz gefallen, berichtete Werner Hefter nach dem Sieg.

Selten passte die Nationalhymne zu Ehren des Siegers besser als diese Jahr, in dem sich Banknote aus dem Stall Ihrer Majestät der Königin von England souverän den Sieg in der Badner Meile sicherte. God save the Queen!

Fast möchte man sich nach dem mehr oder weniger sinnvollen Turfgeblubbers des Sport-Welt-Talks zurücksehen, wird man mit dem grausligen Denglisch "Wettman" konfrontiert. "Zocker-Bernie" oder "Club-Tipp" hätten auch zur Verfügung gestanden, ohne daß zwanghaft die Muttersprache hätte vergewaltigt werden müssen

Apropos Geblubber: Rhythmisches Rauschen aus der Beschallungsanlage war am Sonntag Dauerbegleiter der Renngäste.

Löblich hingegen, daß der neue Bahnsprecher die Quoten nun wiederholt und damit jeder Rennbahnbesucher diese wieder ordentlich zu Papier bringen kann.. Man braucht schließlich aus geldzwänglichen Gründen nun weniger Zeit für Selbstdarstellungen jeglicher Art.

Seiner zweiten Leidenschaft fröhnte der Noch-Bayernspieler:
Claudio Pizarro besitzt in seiner peruanischen Heimat einen Rennstall mit 14 Pferden. Auch in Deutschland wurde er jüngst aktiv: Die zweijährige Lomitas-Tochter Timtaya gehört nun zu seinem Stall El Catorce und wird von Wolfgang Figge trainiert.

 

Die geballte Iffzer Turfkompetenz

Der Club habe seine Hausaufgaben gemacht, nun sei Iffezheim am Zuge, so der Präsident des Clubs zum Saisonstart.  Was stellt Herr von Baden eigentlich vor? Soll die Gemeinde auf die nach Kürzung und Stundung verbliebene Pacht  in Gänze verzichten? Einen jährlichen Unkostenbeitrag beisteuern? Die jährlichen Haushaltsmittel zunächst durch den Totalisator laufen lassen? Die Kosten des Rennbetriebes übernehmen?

Während der Amtszeit von Bürgermeister Otto Himpel investierte die Gemeinde direkt und indirekt durch Straßen-/Brückenbau und  sonstige Infrastrukturmaßnahmen 20 Millionen DM in die Iffezheimer Galopprennen. Für ein 4000-Seelen-Dorf kein Pappenstiel. Desweiteren dürfen der Baukostenzuschuss für die neue Tribüne, Pachtstundung und -nachlaß in der Folgezeit nicht unerwähnt bleiben, wobei wir nun wieder bei der Ausgangsfrage angelangt sind: Was wollt Ihr denn noch?

Eigentlich sollte der Club als Deutschlands größter und prominentester Rennverein aufzeigen, wohin sich der Galopprennsport in Deutschland entwickeln soll, anstatt zu lamentieren und auf die Tränendrüse zu drücken. Tut endlich was!

Es kam wies kommen mußte:

Bis in die Nachmittagsstunden hingen dicke Wolken am Himmel und entluden ihre nasse Fracht mehr oder weniger heftig auf den badischen Boden. Grund genug für viele nach der Arbeit ihre Schritte in Richtung heimisches Wohnzimmer anstatt Richtung Rennbahn zu lenken. Wohl wissend, daß es für sie auf der Rennbahn kein schützend Dach über dem Kopf geben wird.  Niemand konnte schließlich ahnen, daß Petrus just zum Start des ersten Rennens die Himmelsschleusen schließen würde und die Sonne ihr güldenes Licht über die Lande ausbreiten wird.

So fehlten denn 1 500 Zuschauer, was sich natürlich postwendend im Rückgang der Wetteinsätze um ein Viertel auswirkte. 

Schirmparade vor den Tribünen

So ein bisschen Regen hat natürlich auch sein Gutes. Endlich konnte man seinen Rennschirm wieder ausführen:

 

 

 

 

 

 

 

Egal was für Wetter herrscht, liegt frau mit dieser Kleidung nie schlecht:

Die Sparitis des Clubs treibt manch seltsame Blüten. Hat der müde Zuschauer endlich das Obergeschoß der Großen Sattelplatztribüne erklommen, erblickt er freudestrahlend den Hinweis, daß es bis zum Ziel seiner Wünsche nun nicht mehr weit sein kann. Doch kaum hat er sich auf dem Podest zum weiteren Aufstieg umgewendet, verwehrt im ein gülden wähnend Kettchen den weiteren Fortgang. Um Personal zu sparen wurde schwupsdiwupp jeder zweite Zugang zur Weinterrasse geschlossen. Auch eine Möglichkeit, seine Besucher willkommen zu heißen.

 

 

 

 

Frenetisch feierten die Besucher den Sieger im Bénazet-Rennen. Mit seinen neun Jahren auf dem Buckel gab Lucky Strike seiner starken Konkurrenz das Nachsehen. Nachdem das letzten Jahr in Iffezheim für den Wallach nicht so glücklich ausfiel, machte er dieses Jahr seinem Namen alle Ehre.

 

Es hat zwar ein Weilchen gedauert, aber der Club hat es geschafft, sich wieder mit der Welt zu synchronisieren.

Seit 27 Jahren ist der 64-jährige Gerd Dopatka aus Gelsenkirchen Toto-Leiter in Iffezheim. Summiert man sein Jahre als Quotenrechner, Prüfer und an der Wettkasse zusammen so ergeben sich 40 Jahre im Dienste des Bahntotos auf der Iffezheimer Rennbahn. Ein guter Grund für den Präsidenten Bernhard von Baden und den Geschäftsführer Wolfgang Stüber Herrn Dopatka öffentlich mit einem Präsent zu ehren.

Und da gab es noch den Logenplatz auf welchen sich am Feiertag die Regentropfen fröhlich auf dem Scheitel einnisteten. Nein, nein, ich meine nicht jenen, dem Ziel am nächsten gelegenen, von dem aus einst unter großem Hute die Rennen beäugt wurden. Nein, ich meine jenen, den Wetterunbillen abgewandten in der zweiten Reihe, auf dem für 40 Euronen täglich der Regen durch's undichte Dach auf das Haupte tropft.

"Bitte geben Sie Ihre Wettschein rechtzeitig ab, damit es nicht zu Stauungen an den Kassen kommt und Sie vielleicht Ihre Wette nicht mehr abgeben können!", wurden die Besucher ein um's andere mal aufgefordert, auf das hausgemachte Problem des Clubs einzugehen, dessen Lösung ganz einfach ist: Mehr Kassen öffnen! (Aber das hatten wir ja schon letztes Jahr erwähnt)

Wochenend und so 'nen Schein
und mein Pferd im Ziel vorn ganz allein
Ja, was brauch ich mehr zum glücklich sein
Wochenend und so 'nen Schein

Wer sonst könnte die Galopprennbahn im Gewann "In der Bey" als Sieger verlassen als ein Pferd aus dem Stall "Beyrain" (Für alle Nicht-Iffzer: der Beyrain ist der Hochgestaderand rund um die Rennbahn). Und weil das so ist, durften sich 's Fohnes, 's Oesterles, 's Jakobs, 's Leuchtners, 's Lorenze und 's Gülchers über den Sieg Zolinas auf der Heimatbahn freuen.

Es war keine Eintagsfliege, kein günstiger Rennverlauf, kein Zufall, daß Prince Flori 2006 den Großen Preis von Baden gewonnen hatte. Im Frühjahrsmeeting kehrte er an die Stätte seines Erfolges zurück und lehrte seine Schmäher etwas Besseren: Er siegte auch im Großen Preis der Badischen Wirtschaft (gelaufen als Großer Mercedes Benz Preis).

 

 

 

 

 
Euer Kommentar an Matthias
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