Rat will in München Schnüffeln

Sehr großes Interesse zeigten die Bürger der Renngemeinde an der geplanten Umstellung der Kompostanlage an der B36 und der Auswirkung auf die Iffezheimer Nasen. Für den in Australien weilenden Bürgermeister Peter Werler leitete sein Stellvertreter Hans-Jörg Oesterle die Sitzung. Die Jakob Kompostierbetrieb GmbH beabsichtige auf ihrem Betriebsgelände Forlenhof das bisherige Kompostierverfahren um eine vorgeschaltete Trockengärung zu ergänzen. Hierzu sei eine immisionsrechtlich Genehmigung seitens der Umweltbehörde des Landratsamtes nötig, erläuterte der Bürgermeisterstellvertreter die Rechtslage. Die Erläuterung der Verfahrenstechnik übernahm Diplom-Ingenieur Gerhard Kruse vom begleitenden Ingenieurbüro Dr. Mürksen in Stuttgart. Die Trockengärung sei ein relativ neues Verfahren, zu dem es bisher nur Versuchsstationen und eine Pilotinstallation in München gäbe. Bei der Trockengärung zersetzte sich der organische Rohstoff unter Luftabschluss und produziere dabei Biogas mit einem Methananteil von 60-70%, das in einem Blockheizkraftwerk verbrannt und dort Strom und Heizwärme liefere, stellte der Ingenieur die Planung vor. Bei dem geplanten sogenannten „diskontinuierlich Verfahren“ steige nach dem Befüllen der Fermenter die Gasproduktion steil an und nehme zum Ende der Verweildauer des Kompostgutes stark ab. Um eine kontinuierliche Gasversorgung zu gewährleisten, sei der Zusammenschluss mehrerer Fermenter notwendig. Auf dem Forlenhof seien vier solcher 20 Meter langen, 6 Meter breiten und 4 Meter hohen Fermenter auf dem Gelände zwischen der Bioabfallanlage und der Lagerhalle bzw. Kuhstall geplant, erklärte Kruse. Die Fermenter würden per Radlader bis zweieinhalb Meter hoch mit dem Mist aus dem Boxendorf und dem Kuhstall, sowie dem angelieferten Grünabfall gefüllt und danach luftdicht verschlossen. Nach vier Wochen werde das vergärte Gut entnommen und auf normalen Mieten weiter kompostiert. Die Anlage sei auf einen Jahresdurchsatz von 11 000 Tonnen ausgelegt und produziere dabei 1 000 000 kWh Strom und 1 700 000 kWh Wärme. Abzüglich der vom Hof und der Anlage selbst benötigten Energie, könnten 200 – 250 Haushalte mit Strom und etwa 60 mit Fernwärme versorgt werden. Auf die Geruchsabsonderung der Anlage eingehend, erläuterte Kruse, dass die Anlage mit prognostizierten 4 700 „Geruchseinheiten“ je Sekunde in der Größenordnung der bisherigen Anlage liege. Die Geruchsemission und der Pilotcharakter der Anlage waren denn auch die Punkte die im Rat engagiert hinterfragt wurden. Hans-Jörg Oesterles Befürchtungen, dass es während der Entleerung der Fermenter zu dramatischen Geruchsbelästigungen kommen könnte, konnten vom Planer nicht zerstreut werden, musste er doch zugeben, dass ein Viertel der Geruchseinheiten beim Räumen der Gärzellen frei würde: „es gibt Tage, an denen es extremer ist“, gestand er ein. Etwas säuerlich reagierte Harald Schäfer (SPD), dass dem Rat keine harten Zahlen sondern nur Schätzungen über die Geruchsbelastung geliefert wurden. Vor Jahren sei auch eine geruchsfreie Kompostieranlage versprochen worden. Er wehre sich dagegen, dass Iffezheim des Versuchskaninchen mache. Er sehe keine Chance zur Zustimmung: alles sei „zu schwabbelig“. Eine Schließung des Betriebes wegen der Nichteinhaltung der immisionsrechtlichen Vorschriften sei jederzeit möglich, versuchte Ingenieur Kruse zu entkräften, musste auf Nachfrage von Berthold Leuchtner (CDU) jedoch einräumen, dass zwar geregelt sei, wie lange, aber nicht wie stark es es in einem Wohngebiet stinken dürfe. Während Manfred Weber (FWG) am Horizont das Schreckgespenst des Thermo-Select-Fiaskos auftauchen sah, gab Harald Schäfer zu bedenken, dass durch eine starke Geruchsbelästigung die Ausweitung des Wohn- oder Industriegebietes rechtlich unmöglich werde, was Kruse bestätigte. Hans-Jörg Oesterle sah sich nach den Ausführungen nicht in der Lage, bei dem anrüchigen Thema eine Entscheidung „mit der gebotenen Sorgfalt“ zu treffen und schlug die Vertagung der Entscheidung vor. Der Rat folgte ihm darin einstimmig. Statt dessen soll eine Delegation die Verantwortlichen aus dem Landratsamt am nächsten Montag zur Pilotanlage in München begleiten, „um unsere Nase da rein zu stecken“, wie Oesterle abschließend vorschlug.

Klaus Oesterle nachgerückt

Die bisherige Gemeinderätin Brigitte Jakob hatte zum 1. Februar ihren Lebensmittelpunkt in die Neuen Bundesländer verlegt, war damit in Iffezheim nicht mehr wählbar und damit aus dem Gemeinderat ausgeschieden, erläuterte Bürgermeisterstellvertreter Hans-Jörg Oesterle die Kommunalordnung. Der Rat stellte einstimmig das Ausscheiden von Brigitte Jakob und das Fehlen von Hinderungsgründe für das Nachrücken von Klaus Oesterle (FWG) fest. Hans-Jörg Oesterle verpflichtete den Neu-Gemeinderat auf die Treue zur Verfassung und das Wohl der Gemeinde und seiner Bürger.

Kirchenrenovierung bezuschusst

Gleich zweimal fand sich die Renovierung der Dachstuhlkonstruktion über dem Langhaus der katholischen Kirche auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Einstimmig folgte der Iffezheimer Rat beide Male den Anträgen der Pfarrgemeinde. Wie berichtet, hat sich der Dachstuhl der katholischen Kirche auf Grund eines Konstruktionsfehlers während des Baus vor 170 Jahren verschoben. Statische Messungen hatten eine akute Einsturzgefahr errechnet, sollten Sturm und Schneelast das Dach und seine Unterkonstruktion zusätzlich strapazieren. Die Kosten für die Sanierung belaufen sich nach Berechnungen des Architekten Wolfgang Mink auf 460 000 €. Wie Pfarrer Walfried Asal am Wochenende mitteilte, würden knapp 160 000 € aus den Rücklagen der Pfarrgemeinde finanziert. 100 000 € würde die Kirchengemeinde beim Darlehensfond der Erzdiözese Freiburg aufnehmen. Von dort bekäme die Kirche auch einen Zuschuss in Höhe von 153 000 €, so Asal. Der Pfarrer zeigte sich äußerst ungehalten über den Fortschritt des Genehmigungsverfahrens. Er habe sich schon grün und blau über den Bürokratismus geärgert. Insbesondere im erzbischöflichen Bauamt Karlsruhe habe er sich schon des Öfteren das „Maul verbrannt“. Wenn bekannt sei, dass die Sache so brisant sei, warum könne das Verfahren nicht beschleunigt werden, fragte Asal und verglich die Situation der Kirchensanierung mit der eines Todkranken der gestorben sei, während man noch auf den letzten Befund wartete. So etwas bringe ihn auf die Palme. Es läge weder an der Pfarrgemeinde noch dem Architekten oder dem Handwerker, der bereitstünde, dass es nicht weiterginge. Es sei deprimierend, das Ziel bis zu den Großen Ferien fertig zu sein, aufgeben zu müssen und gar die Konzerte des Männergesangvereines Iffezheim und des Polizeiorchester zu Gunsten der Kirchenrenovierung gefährdet zu sehen. Er habe alle Hebel in Bewegung gesetzt und letzte Woche nochmals Krach in Karlsruhe geschlagen. Dort seien die Akten nun „raus“. Seitens des Iffezheimer Hauptamtes sei ihm signalisiert worden, dass es sich bei der Beratung im Bauausschuss und Gemeinderat nur um eine Formalie handele, denn schließlich drehe es sich nur um eine Sanierung im Innenbereich ohne Wirkung nach Außen. Er gehe nun davon aus, spätestens in 14 Tagen anfangen zu können. Wie Pfarrer Asal abschließend sagte, hoffe er stark, bis zur Firmung Mitte Oktober, spätestens zum Kirchenkonzert des Männergesangvereines Ende Oktober das „Gerüst aus der Kirche zu haben“. „Was möglich ist, machen wir!“

Die Planung des Architekten für die Dachstuhlsanierung geht von einem Mindestzeitraum für die Dachstuhlsanierung von 18 Wochen aus, wie Architekt Wolfgang Mink mitteilte. Im Großen und Ganzen bleibe der Dachstuhl komplett erhalten, werde aber verstärkt und gestützt. Durch die Maßnahmen werden die alten Binder in die statisch korrekte Position verschoben, bzw. wenn dies nicht mehr möglich ist, statisch durch Neukonstruktionen ersetzt. Je Dachstuhlsegment rechnet der Planer mit einem Zeitaufwand von 10 – 14 Tagen, da alle Arbeiten vor Ort durchgeführt werden müssten. Zwar könne das Material in der Werkstatt vorbereitet werden, wegen der ungleichen alten Bausubstanz jedoch erst direkt vor Ort korrekt gelängt werden. Möglicherweise kämen die Handwerker im Laufe der Arbeit auf Grund der Routine schneller voran, jedoch sei derzeit beim Dachstuhl eine Bauzeit von gut 90 Werktagen eingeplant. Danach stünden im Kirchenschiff noch die Malerarbeiten an. Zum Ablauf der Arbeiten erläuterte Architekt Mink weiter, dass westlich des Chores auf dem Fahrradparkplatz ein Baukran aufgestellt würde, mit dem die Materialen durch das geöffnete Kirchendach gehievt würden. Während der Bauarbeiten käme es auch zu einer Teilsperrung der Hauptstraße, wozu er aber noch keine Details liefern konnte.
Durch die Beschlüsse der politischen Gemeinde ist die Sanierung des Dachgebälks ein weiters Stückchen vorangekommen: Einstimmig bewilligte der Rat einen Zuschuss über die fehlenden 50 000 € und stimmte dem Bauvorhaben der katholischen Pfarrgemeinde zu.


Schule erhält neue Optik

„Nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit“ habe man sich in den letzten Jahren um die Haupt- und Realschule gekümmert, räumte Bürgermeisterstellvertreter Hans-Jörg Oesterle in der von ihm geleiteten Sitzung ein. Dadurch sei ein erheblicher Sanierungsstau entstanden.

Architekt Manfred Merkel stellte den Ratsmitgliedern die von ihm ausgemachten Schwachstellen vor. Die vor 33 Jahren auf 780 Quadratmetern eingebauten Holz-Alu-Fenster hätten dem damaligen Stand entsprechend einen U-Wert von 3,0. Weitere 2 000 m² Außenhaut seien ungedämmter Beton oder minimal gedämmte Waschbeton- oder Klinkerverkleidung, was nicht mehr dem heutigen Stand entspreche. Merkel schlug vor, alle Fenster inklusive des unnützen, waagrechten Sonnenschutzes abzubauen und durch Kunststofffenster mit Aluverblendung zu ersetzen. Die Kosten dafür beliefen sich auf 280 000 €, zu denen noch etwa 20 000 € für „Beiputzarbeiten“ kämen. Für Holz-Alu- oder reine Aluminiumfenster sei mit Mehrkosten von 50 bzw. 80% zu rechnen, begründete der Architekt seine Empfehlung. Mit dem Einbau der Fenster werden auch die Jalousien erneuert um den Sonnenschutz zu gewährleisten. Die Mehrausgaben für den Blendschutz in den Oberlichtern bezifferte Merkel auf Nachfrage von Harald Schäfer auf 5 000 €. Um die Gebäudehülle energetisch auf den neuesten Stand zu bringen, schlug Merkel vor, die gelben Klinker abzubrechen und die darunterliegenden Betonflächen ebenso wie die Betonriegel und Waschbetonplatten mit einem 10 Zentimeter starken Vollwärmeschutz einzupacken. Durch die Putzfassade wird das einst von dem Rastatter Architekten Emil Schmitt für 4,5 Millionen DM erbaute Gebäude eine „andere Optik“ erhalten, auch wenn die Einteilung der Fensterfront erhalten bleibe. Die Erneuerung von Kessel und Brenner der Heizanlage werde mit 150 000 € zu Buche schlagen. 125 000 € verschlingt der Umbau des Verwaltungstraktes. Ein Schulsekretariat sei derzeit praktisch nicht vorhanden, da sich Konrektor und Sekretärin den Raum teilen müssten, so der Architekt zur Ausgangssituation. Durch Verkleinerung der „zu üppig bemessenen“ WCs habe er den bisherigen Flur dem Verwaltungstrakt zuschlagen können. Der Hausmeister werde zum Pausenhof hin verlagert, und das Lehrerzimmer für die Raucher aufgelöst. Dadurch entstände Raum für das neue Büro der Konrektoren. Insgesamt summierten sich die Kosten für die vorgestellte Sanierung der Haupt- und Realschule auf 810 000 €, die der Rat einstimmig auszugeben beschloss. Da nur 750 000 € in den Haushalt eingestellt wurden, sollen 60 000 € bei den Aussenanlagen eingespart werden. Bei der Planung weiter am Ball bleiben darf Architekt Merkel, denn der Rat genehmigte ihm ein Honorar von 54 000 €. Knapp 30 000 € erhält das Ingenieurbüro Wald & Corbe au Hügelsheim für die Planung der Sanierung der Kläranlage und der Wasserversorgung neuen Rennbahntribüne.

 

Hatz'sches Haus wird abgerissen


Zähneknirschend stimmte der Rat dem Abriss des einst ortsbildprägenden Fachwerkhaus in der Hügelsheimer Straße zu. Die ganzen 24 Jahre seiner Ratsmitgliedschaft beschäftige der Erhalt und die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes den Rat, erinnerte sich Hans-Jörg Oesterle. Inzwischen hat der Zahn der Zeit so stark an dem Gebäude genagt, dass das Denkmalamt die Erhaltungsforderung nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Dem Gemeinderat sei damit die Hebelwirkung des Schutzes genommen und man müsse sich der faktischen Kraft des Mächtigen beugen. Wie Hans-Jörg Oesterle weiter ausführte, habe der Rat keine Möglichkeit, durch eine Veränderungssperre oder sonstige Maßnahmen den Ablauf aufzuhalten und der Umnutzung in einen Parkplatz entgegen zu treten. Gegen die Stimme von Harald Schäfer stimmte der Rat dem Abbruch zu.

Gemeindewahlausschuss
Einstimmig beschloss der Rat die Zusammensetzung des Wahlausschusses. Kämmer Siegbert Heier übernimmt den Vorsitz und wird von Roland Heier vertreten. Beisitzer sind Otto Himpel und Erwin Oesterle, ihre Stellvertreter Harald Kraft und Martin Jakob. Schriftführer ist Hauptamtsleiter Jürgen Pfeiffer. Der für die EDV im Iffezheimer Rathaus zuständige Gerold Peter stellte dem Rat die neue Software zur Erfassung und Präsentation der Wahlergebnisse vor. Angesichts der grafisch aufbereiteten Gewinne und Verluste der aus sieben Wahlscheinen bestehenden „Testwahl 2004“ machte sich im Rat allgemeine Heiterkeit breit, ob des großen Erfolges von FWG und SPD. Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen war zu hören, dass von einem ortsbekannten Malermeister ausreichend gelbe Farbe zum Einfärben der Grafik in Aussicht gestellt wurde.

 
Euer Kommentar an Matthias

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