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Peter
Werler vereidigt
Und wieder strömte alles was
in Mittelbaden Rang, Namen und etwas zu sagen hat (d'Iffzer zu allererschd)
in die Festhalle, in der der alte Bräuche meuchelnde und an alten
Zöpfen zopfende Bürgermeisterstellverteter Hans-Jörg Oesterle
die passende Kopfbedeckung für Iffzes neuen Bürgermeister Peter
Werler, der seit 1. April das Schiff Iffezheim lenkt, vorstellte.
Einem
Küchenherd gleich sei der große Bürgermeisterschreibtisch
aus den 50ern, so Oesterle, auf dem es in verschiedensten Töpfen bruzelt,
schmort und köchelt. So ziehen in einem Topf „Munilager“ schon ewig
die Verhandlungen mit dem Bundesvermögensamt über dessen Ankauf
vor sich hin, in dem einst die Kleintierzüchter ihre Hasen schmoren
sollten, jedoch sei zu überlegen ob der Topf den hohen Preis rechtfertige,
gab Oesterle zu bedenken. Ob für die Kläranlage ein Edelstahlsuppentopf
angeschafft werden soll, sei genauso zu hinterfragen, wie der Preis für
das Flicken des „alten Häffele“ Sporthalle im Vergleich zu einer neuen
beschichteten Kasserolle bei Aldi. Alle Gerichte würden unter der
Obhut des neuen Bürgermeisters von den Mitarbeitern der Verwaltung
genußfertig angerichtet, versprach Oesterle und freute sich darauf
in den noch leeren Töpfen phantasievolle, kreative Gerichte angerichtet
zu sehen.
Das Gelingen des großen Festagsmenüs
aus der Haute Cuisine des Tribünenbaus liege aber nicht in der Macht
des Iffzer Chefkochs, stellte Hans-Jörg Oesterle fest. Das ursprünglich
im Schnellkochtopf angesetzte Menü leide unter zu vielen Köchen
und die Iffezheimer Mägen unter den unverdaulichen Rezeptvorschlägen,
in denen sie schwer herumlägen. Bis Ende April müßte das
Rezept klar sein, nach dem gekocht werde, sowie alle Zutaten im Topf sein,
so Oesterle, denn sonst würden die Banken den Strom abstellen. Alle
in der Region säßen dann vor leeren Tellern und würden
klagen und schimpfen und ungerechtfertigte Schuldzuweisungen ausstoßen:
der neue Iffzer Bürgermeister habe das Essen verkocht! Es sei seine
Pflicht als Bürgermeisterstellvertreter zu sagen was Sache sei: Niemand
solle wahrheitswidrig behaupten, der neue Bürgermeister habe die Rennbahn
an die Wand gefahren. Iffezheim habe mehr Zutaten in den Topf gegeben
als verlangt, auch solche, die nicht gebraucht werden wie das Erbbaurecht.
Iffze habe schon immer darauf hingeweisen, das die Kreditgeber auf kommunalen
Ausfallbürgschaften beständen. Dies hätten die Banken auch
den Anfang März über die Bereitschaft des Iffezheimer Rates,
dem Club das Erbbbaurecht zu geben, jubelnden Mitköchen am 25. März
unmißverständlich klargemacht, so Oesterle.
Mit den Ausfallbürgschaften
würden keine Jockeygehälter oder Rennpreise gedeckt, sie seien
ausschließlich zur Absicherung des Tribünenbaus bestimmt, die
im Falle einer Auflösung des Internationalen Clubs satzungsgemäß
an die Stadt Baden-Baden fallen würden, erläuterte Oesterle die
Sachlage.
Iffezheim habe schon vor mehr als
einem Jahr seine Bereitschaft zu bürgen bekundet, aber niemand könne
verlangen, daß Iffezheim die Last allein trage und die Suppe allein
auslöffle, sollte die Sache schiefgehen. Es ginge nicht darum, frisches
Geld in die Hand zu nehmen, sondern darum, daß der Landkreis und
Baden-Baden ihren guten Willen zeigen, den Internationalen Club gemeinsam
mit Iffezheim darlehensfähig zu machen. Man dürfe sich nicht
hinter juristsichen Finessen verstecken, „wenn man will, dann geht's“ schleuderte
der Bürgermeisterstellvertreter den Zögernden entgegen und appellierte
an die Kreis- und Stadträte, dafür zu sorgen, daß das Rennbahnmenü
gelinge. Iffezheim werde für eine Million bürgen, für vier
Millionen müßten Kreis und Stadt gerade stehen. „Die Verantwortung
für die Tribüne liegt nicht hier in Iffezheim“ bekräftigte
Oesterle nochmals zum Schluß seiner Rede. Daß Hans-Jörg
Oesterle mit Baden und dem Kreis Tacheles redete, honorierten die Iffzer
mit starken Beifall.
An den neuen Bürgermeister
gewandt hieß er ihn mit „Freude und Zuversicht“ an Bord und Herd
willkommen und versicherte, daß die Iffezheimer mit ihrem gesunden
Appetit hohe Ansprüche hätten und viel erwarteten, anfangs aber
Nachsicht üben werden, wenn nicht à la minute geköchelt
und gearbeitet werde.
Als an Lebensjahren ältester
Gemeinderat vereidigte Kurt Lorenz unseren neuen Bürgermeister. Auch
er hatte dazu ein Gleichnis parat, so daß der Abend fast zur Bibelstunde
wurde, wie Kurt bemerkte. Reiter zu sein allein genüge in der Renngemeinde
nicht klärte er Peter Werler auf. Er müsse ein ganzer Jockey
werden und die dazu nötigen Siege eingaloppieren. Er bot ihm die Gemeinde
Iffezheim als Rennpferd an und wünschte ihm viele Siege und gute Platzierungen.
Wenn er sich auf Hindernisse einstelle, das Pferd auch ab und an auffordere
und sich vor Abwürfen hüte, werde er in vielen Ausgleichs- und
Gruppenrennen sowie Großen Preisen Ehren- und Geldpreise gewinnen
und von den begeisterten Iffzern als Jockey-Champion gefeiert. „Seien
Sie ein wahrer, echter, gerechter Meister der Bürger“ wünschte
Kurt Lorenz unserem Neuen. |
Nachdem Peter Werler gelobte, das
Recht zu achten, Gerechtigkeit gegen Jedermann zu üben, die Rechte
der Gemeinde zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner zu fördern,
legte ihm Hans-Jörg Oesterle die Amtskette um. „Ist die schwer“, so
der Kommentar. |
Unwirklich erschien Peter Werler,
daß er nun Bürgermeister von Iffezheim sei. Er habe ein gut
bestelltes Feld übernommen und werde bewährtes erhalten und fortführen,
aber auch neue Wege gehen. Dazu gehöre auch, den Jugendlichen eine
Stätte der Begegnung und des Treffens zu geben. Dieses sei nicht zum
Nulltarif zu haben, aber eine gute Investition in die eigene Zukunft. Im
Europa der Regionen werde er sein Augenmerk auch über die Grenze richten
und versuchen Einfluß auf Projekte im Elsaß zu nehmen.
„Wer das Mögliche erreichen will, muß das Unmögliche anstreben!“
unterstrich er seine Entschlossenheit.
Mit der motivierten Rathausmannschaft
werde er ein bürgerorientiertes Dienstleistungszentrum aufbauen. Dazu
müssen eingefahrene Gleise verlassen werden und neue Methoden wie
Budgetierung, Delegation und kaufmännische Buchhaltung eingeführt
werden.
Im konstruktiven Dialog mit dem
Gemeinderat, im demokratischen Diskurs, soll für das Gemeinwohl die
beste Lösung gefunden werden. Werler verglich die vor ihm stehende
Amtszeit mit dem Iffezheimer Jagdrennen: auf der langen Wegstrecke gelte
es Hindernisse und Gräben zu überspringen, die Zügel mal
anzuziehen und dann wieder loszulassen; das Wichtigste aber sei, immer
fest im Sattel zu bleiben!
In Vertretung des verhinderten Landrates
beglückwünschte Kommunaldezernent Heinrich Eiermann Peter
Werler zur mit kurzem Kopf gewonnen Wahl. Rastatt's OB Klaus-Ekhard Walker
hatte keinen Zweifel an der künftig guten Zusammenarbeit mit dem vom
Küchenbullen im Rastatter Küchenkabinett zum Iffezheimer Chefkoch
aufgestiegenen Werler.
Hans-Jörg Oesterle forderte
alle Anwesenden auf, zum Abschluß der Iffezheimer Festwochen auf
das Wohl und die Gesundheit des neuen Bürgermeisters anzustoßen.
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